Ich gestehe es: Ich gehöre nicht zur Zielgruppe des neuen Magazins „The Germans“. Nicole Zepter, seine Chefredakteurin, auch nicht. Sie ist 36 und doppelt so alt wie der jüngste Zielgruppenleser, ein Jahr älter als der älteste. Für Menschen zwischen 18 und 35 ist „The Germans“ gemacht, eine Zeitschrift für „Großstadt-Bohemians“, wie die ZEIT schreibt. Was wohl mit der Vergangenheit von Nicole Zepter zusammenhängt, die zuvor Chefredakteurin des Stadtmagazins PRINZ gewesen ist.
Exzellent gefallen hat mir „Das neue Politik & Zeitgeist Magazin“, wie es auf der Titelseite der zweiten Ausgabe (Januar/Februar 2013) prangt. Doch nicht auf die Hülle kommt es an, sondern auf das, was den Charakter ausmacht, und hier bietet „The Germans“ höchsten intellektuellen und ästhetischen Genuss von der ersten bis zur sechsundneunzigsten Seite. Herrlich unaufgeregt und ohne billige Effekthascherei kommen die Beiträge daher, wohltuende seitenlange Lesestrecken ohne Bilder, auch Bilder zum Schauen ohne viel Text.
Das Themenfeld in der Rubrik „Meinung“ erstreckt sich von „Frauen in der Gender-Falle“ über das Bildungssystem und Moralphilosophie – Thomas Pogge über Armut und Gerechtigkeit – bis hin zu Reportagen über Syrien und Israel. „Schafft Grass und Walser ab“ und „Das Fernsehen stirbt aus“ heißt es unter Anderem unter dem Stichwort „Zeitgeist“. Im „Hintergrund“ wird Bölls „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ wiedergelesen – mit der unerwarteten These, dass die Blum heute wohl Opfer von Cybermobbing geworden wäre. Auf der letzten Seite führt uns „The Germans“ zum Grab von Thomas Bernhard nach Wien.
„The Germans“ ist für mich ein Glücksgriff ins Zeitschriftenregal gewesen. Für 4 Euro 80 gibt es anspruchsvolle Lektüre, zehn Mal im Jahr, wie es im Impressum heißt, – hoffentlich, denn im gesamten Heft sind nur vier Seiten Werbung. Da kann man nur hoffen, dass der Berliner Verlag zepterson für „The Germans“ mit einer verkauften Auflage von 50.000 Exemplaren noch einige anspruchsvolle und finanzstarke Werbepartner mehr findet.
Muss ich mir holen.
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Lohnt sich auf jeden Fall. Der Beitrag von Jan Brandt ist in der Nummer 6 (September 2013) erschienen.
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Herzlichen Dank für diesen Tip, da werd ich doch gleich mal beim Zeitungshändler nachschauen.
Klingt vielversprechend und liest sich hoffentlich auch so 🙂
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Auf jeden Fall 🙂 Viele Grüße, Ben von Valeat
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