Die Medien können zumindest die verschiedenen klassischen Rollen der Philosophie übernehmen und abbilden. Etwa die richterliche Funktionen, die bei Kant und Hume so stark ist: Das sind gute, das schlechte Argumente. Das können wir wissen, das nicht. Zweitens ist die ärztlich-diagnostische Funktion, wie bei Spinoza oder Wittgenstein: Woran krankt es gerade? Welche Therapien gibt es? Dazu die prophetische, wie etwa bei Derrida und Heidegger, über die versucht wird, mit einer Art göttlichen Sprache über das jetzige hinauszugehen und zu antizipieren, nicht was in zehn, sondern 100 Jahren der Fall sein könnte. Und als Journalisten können wir die Funktion des weisen Narren einnehmen, der Dinge sagt, die andere nicht sagen dürfen. Im Moment wären wir alle gut beraten, diese vier Spielarten der Kritik zu nutzen. Auch Redaktionen ohne philosophische Ausrichtung.
Wolfram Eilenberger (Jahrgang 1972) im Interview mit Anne Haeming, medium Magazin 03/2016. Eilenberger ist Chefredakteuer des Philosophie Magazins.
