Foto: (c) Valeat
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Nicht Energie, sondern Vertrauen ist der Schlüssel – und die Zuversicht, dass etwas Gutes aus dem Versuch entstehen wird, und sei es nur Erfahrung. Das sah ich schon mit elf Jahren bei meinem Schulfreund Terry. Ich selbst war ein braver und fleißiger Schüler. Terry hingegen hinterfragte alles, von ihm lernte ich, eigenständig und aktiv nach Wissen zu suchen. Er hatte absolutes Vertrauen in seine intellektuellen Fähigkeiten. Wenn du etwas lernen willst, mach es einfach, such dir die passende Lektüre, befrag Leute, die es wissen, geh ungewöhnliche Wege. Terry war der erste echte Revolutionär, den ich kennenlernte – und ich hatte bis zu dem Zeitpunkt nicht einmal gewusst, dass es so etwas wie Rebellen gibt. Er hat mich gerettet, indem er mir eine völlig neue Sicht auf die Welt eröffnet hat. Ich lernte, dass es sich lohnen kann, Risiken einzugehen. Das auch Scheitern in Ordnung ist. Das aus anfänglichen Nachteilen Vorteile entstehen können.

Malcolm Gladwell im ZEIT Magazin, 27. März 2014

 

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Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht
BLiNK! Die Macht des Moments
Tipping Point: Die Welt drehen

„Niemand, kein Musikstar, kein Profisportler, kein Softwaremillionär und nicht einmal ein Genie schafft es allein.“

„Dieses Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten, das für den Erfolg so wichtig ist, kommt nicht nur aus uns selbst heraus oder von unseren Eltern. Es kommt auch aus der Zeit, in der wir leben, und den spezifischen Möglichkeiten, die uns ein bestimmter historischer Moment bietet.“

„Erfolg ist nicht die Summe der Entscheidungen, die wir treffen, und Anstrengungen, die wir unternehmen. Erfolg ist vielmehr ein Geschenk. Ein Überflieger wird, der Chancen bekommen hat.“

Malcolm Gladwell, Jahrgang 1963, Journalist und Autor

Malcolm Gladwell: Überflieger. Warum manche Menschen erfolgreich sind - und andere nicht

Malcolm Gladwell: Überflieger
Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht
Originalausgabe „Outliers. The Story of Succes“, ohne Ortsangabe, 2008
251 Seiten in 9 Kapiteln (2 Teile)

Brauchen Sie eine Pille gegen die Arroganz des Erfolgs? Dann lesen Sie „Überflieger“ von Malcolm Gladwell. Der in Kanada geborene, in New York lebende englische Autor räumt in „Überflieger“ gründlich mit der menschlichen Hybris „Meinen Erfolg habe ich ganz allein mir selbst zu verdanken“ auf. Sicherlich sind Talent, Fleiß und Disziplin für eine Karriere, erst recht für die eines „Überfliegers“ wichtig, aber noch viel entscheidender sind die äußeren Umstände, etwa, wann man geboren oder wo man aufgewachsen ist. Erfolg, so Gladwell, ist nicht hauptsächlich das Ergebnis persönlicher Anstrengungen: „Niemand, kein Musikstar, kein Profisportler, kein Softwaremillionär und nicht einmal ein Genie schafft es allein.“

„Überflieger“ gliedert sich in zwei Teile, zum einen „Chance“ mit fünf Kapiteln, zum anderen „Erbe“ mit vier Kapiteln.

Einleitung – Das Geheimnis von Roseto: In der Einleitung erzählt Gladwell vom „Geheimnis von Roseto“, einer Kleinstadt in Pennsylvania, 150 Kilometer westlich von New York: Der Anteil der Herzerkrankungen Anfang des 20. Jahrhunderts liegt weit unter dem Durchschnitt der amerikanischen Bevölkerung, ein Folge der gesunden Lebensweise der aus der italienischen Provinz stammenden Einwanderer.

Teil 1 – Chance (S. 19 – 142) – Kapitel 1 bis 5

Kapitel 1 – Der Matthäus-Effekt „Denn wer hat, dem wird gegeben werden“: Im kanadischen Eishockey sind signifikant viele Spieler in den Monaten Januar, Februar und März geboren, eine Folge der Talentförderung mit Stichtag 1. Januar: Wer früher geboren ist, der ist größer und stärker als die später geborenen Konkurrenten desselben Jahrgangs.

Kapitel 2 – Die 10.000-Stunden-Regel: Erst nach einer Praxis von 10.000 Stunden entfaltet sich das Talent zum Genie, siehe Beatles und deren Auftritte in Hamburg. Erfolg hängt wesentlich von Arbeit ab – und der Möglichkeit, ungestört arbeiten zu können.

Kapitel 3 und 4 – Das Problem mit den Genies, Teil 1 und 2: Christopher Langan, Intelligenzquotient von 195 und seine verkrachte Karriere. Analytische Intelligenz ist angeboren, aber praktische Intelligenz hängt wesentlich mit Förderung zusammen. Unterschichtkinder werden wenig angeleitet, Mittelschichtkinder unterliegen einer „konzertierten Kultivierung“, in der die Eltern Meinungen und Fähigkeiten des Kindes aktiv fördern – bis hin zum überbordenden Terminkalender. Unterschichtkinder sind eher autoritätsbezogen, Mittelschichtkinder lernen schon früh, eigene Wünsche und Vorstellungen durchzusetzen.

Kapitel 5 – Die drei Lektionen des Joe Flom: Joe Flom, Sohn jüdischer Einwanderer aus Osteuropa, bitterarm, aber ehrgeizig und beseelt davon, einmal Anwalt zu werden. In den 1950er Jahren wurde er zum erfolgreichsten Anwalt New Yorks. Zuvor Schwierigkeiten, als Jude ob seines Aussehens in den berühmten Kanzleien anzuheuern. Erfolgsfaktoren: Handwerk über 10.000 Stunden gelernt und das ideale Geburtsjahr, also zur rechten Zeit das Studium abgeschlossen (demografischer Faktor). Oder Louis und Regina Borgennicht, 1889 nach New York gekommen, erst Verkauf von Kinderschürzen, dann erfolgreiche Bekleidungsfabrikanten. „Dieses Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten, das für den Erfolg so wichtig ist, kommt nicht nur aus uns selbst heraus oder von unseren Eltern. Es kommt auch aus der Zeit, in der wir leben, und den spezifischen Möglichkeiten, die uns ein bestimmter historischer Moment bietet.“

Teil 2 – Erbe (S. 143 – 236) – Kapitel 6 bis 9

Kapitel 6 – Harlan, Kentucky, und die Blutsfehde: Die blutige Dauerfehde zwischen den Howards und den Turners und die „Kulturen der Ehre“, häufig in Bergregionen und unfruchtbaren Gegenden wie dem Landesinneren von Sizilien oder dem spanischen Baskenland. Kultur der Hirten versus Kultur der Ackerbauern. In den Südstaaten mehr Morde, aber weniger Eigentumsdelikte. Entsprechende Enkulturisationsmuster liegen oft zweihundert oder dreihundert Jahre zurück.

Kapitel 7 – Flugzeugabstürze und Kultur: Korean Airlines und die vielen Abstürze als Ergebnis einer unzureichenden Kommunikation. Hofstedes Kulturdimensionen mit Risikovermeidern wie Griechenland, Portugal, Guatemala, Uruguay, Belgien und Frankreich oder Risikofreudigen wie Hongkong, Schweden, Dänemark, Jamaika, Singapur. Thema Machtdistanz: Geringe Machtdistanz zwischen den Menschen in Schweden oder Österreich, hohe Machtdistanz in Belgien oder Frankreich. Dies spiegelt sich in der Einstellung zu Hierarchien wider: In Frankreich ist die Machtdistanz doppelt so groß wie in Deutschland, Franzosen erwarten und unterstützen Macht in einer Weise, wie Deutsche es nicht tun würden.

Kapitel 8 – Reisfelder und Mathematik: Das Gedächtnis der Chinesen als Folge der kurzen chinesischen Wörter, auch Zahlwörter, die sich in einer Viertelsekunde speichern lassen, Zahlen lassen sich in einer Gedächtnisschleife speichern, die zwei Sekunden dauert. 37+22, das sind in China drei Zehner sieben und zwei Zehner zwei. Reisfelder verlangen viel Aufwand, zehn bis zwanzig Mal so viel wie ein Mais- oder Weizenfeld. Fleiß ist dabei eine wichtige Tugend – auch Mathematik verlangt diese Tugend.

Kapitel 9 – Maritas Handel: Die KIPP-Akademie in der Bronx von New York, Mittelschule für die Jahrgangsstufen 5 bis 8. Hervorragende Mathematik-Absolventen aufgrund Dauerbeschulung. „Erfolg ist nicht die Summe der Entscheidungen, die wir treffen, und Anstrengungen, die wir unternehmen. Erfolg ist vielmehr ein Geschenk. Ein Überflieger wird, der Chancen bekommen hat.“

Epilog – Eine Geschichte aus Jamaika: Joyce Nation ist jamaikanischer Herkunft, kommt nach London und verliebt sich in den jungen englischen Mathematiker Graham Gladwell. So haben sich Malcolm Gladwells Eltern kennengelernt. Aber diese Geschichte ist für Gladwell viel zu einfach, weil sie Entscheidendes ausblendet: Dass dies so kommen konnte, bedurfte vieler Faktoren, vor allem der Entschlossenheit von Daisy Nation, der Großmutter des Autors von „Überflieger“, die ihrer Tochter die richtige Schulbildung angedeihen ließ, ihr hat Galdwell sein Buch übrigens gewidmet, – aber die Geschichte reicht noch viel weiter zurück: „Erfolg hat nichts Übermenschliches oder Geheimnisvolles an sich. Er ist das Ergebnis von bestimmten Vorteilen und ererbten Traditionen, er ist zu einem Teil verdient, zu einem anderen Teil nicht, einiges haben sie sich selbst erworben, anderes ist ihnen in den Schoß gefallen.“

Malcolm Gladwells „Überflieger“ ist die ideale Therapie für Erfolgsmenschen, die Bescheidenheit, Demut und Dank lernen wollen. Auch ein Heilmittel für die Menschen, die mit sich selbst hadern, weil der messbare Erfolg in ihrem Leben aus ihrer Sicht ausgeblieben ist: Für Erfolg oder Misserfolg im Leben ist man am wenigsten selbst verantwortlich. Das ist Gladwells Botschaft.

Weitere Beiträge von Valeat zu Malcolm Gladwell:
Tipping Point: Die Welt drehen
BLiNK! Die Macht des Moments

Malcolm Gladwell: Blink! Die Macht des Moments

Es ist die Macht des Moments, auf die uns der amerikanische Autor Malcolm Gladwell in „Blink!“ aufmerksam macht. In Sekunden und Millisekunden nehmen wir unterbewusst wahr, was vielleicht niemals ins Bewusstsein gerät. Diese Wahrnehmungen sind oft genug Grundlage für Entscheidungen, die wir im Nachhinein auf unser „Bauchgefühl“ oder unsere Intuition zurückführen. Diesem sich im Moment eines Wimpernschlags ereignenden Verhalten ist Gladwell in „Blink!“ auf der Spur. Dabei wird deutlich, dass wir eher selten völlig vernünftig und reflektiert handeln und dass uns Vorurteile mehr bestimmen, als uns lieb ist. Eine interessante Introspektive.

Malcolm Gladwell: Blink! Die Macht des Moments
Originalausgabe „Blink: The Power of Thinking without thinking“, New York, 2005
246 Seiten in 6 Kapiteln

§ 1

Die Theorie der dünnen Scheibchen oder Warum wir mit wenig Wissen weit kommen
Bill und Susan im Liebeslabor: Aus einer belanglosen Unterhaltung prognostizieren, dass die junge Ehe nicht lange hält. [John Gottman mit einer Befragung von 3 000 Ehepaaren, SPAFF = 20 spezifische Affekte wie Verachtung, Ärger, Verteidigungshaltung, Gejammer, Traurigkeit]

§ 2

Hinter verschlossenen Türen oder Das geheime Leben unserer Intuition
Vic Braden und die Prognostizierbarkeit von Doppelfehlern vor dem Fernsehen / Priming- oder Einstellungstest von John Bargh: Unterbewusst wahrgenommene Wortfelder prägen das Verhalten (aggressiv versus respektieren und der versperrte Weg zum Versuchsleiter)

§ 3

Die Warren-Harding-Falle oder Wie wir vorschnelle Urteile vermeiden können

Warren Harding wurde 1920 wegen seines feschen Aussehens Präsident der USA. Schwarz-weiß-Denken beherrscht uns im Unterbewusstsein, ein erfolgreicher Nissan-Verkäufer meidet bewusst Vorurteile.

§ 4

Paul von Ripers großer Sieg oder Wie wir Spontaneität gezielt einsetzen können
Planspiel im Pentagon: PvR punktet als rote Partei, weil er gegen den Mainstream entscheidet. Brendan Reilly reduziert den Diganosetress in einem Krankenhaus in Downtown Chikago, indem er einen standardisierten Entscheidungsbaum für potenzielle Herzinfarkt-Patienten entwirft. Nicht eine Vielzahl von Informationen, sondern drei ausgewählte Parameter liefern eine verlässliche Prognose. Kunstfehler: Verklagt werden die Ärzte, die wenig Empathie zeigen, die den Patienten respektlos behandeln.

§ 5

Kennas Dilemma oder Wie wir herausfinden, was Menschen wollen – und wie nicht

Fachleute bejubeln die Musik von Kenna, doch im Radio werden seine Lieder nicht gespielt, in der Marktforschung erringt er katastrophale Ergebnisse. – Mach den Pepsi-Test und die Panik, die zur „New Coke“ führt (Schlückchentest und der zitronige Geschmack von Pepsi, der sich aber beim Trinken einer Dose verliert, außerdem die Macht der Marke, die Flasche usw.).

§ 6

Sieben Sekunden in der Bronx oder Wie wir die schwere Kunst des Gedankenlesens lernen können
Amadou Diallo aus Guinea wird von einer Sondereinheit erschossen, weil er um Mitternacht vor der Haustüre stand. Paul Ekmann und die Transparenz der Physiognomie, Aktionseinheiten als Zusammenspiel von zwei bis fünf Gesichtsmuskeln. Dein Gesicht verrät Dich, Autisten können andere Gesichter nicht lesen – und auch im Stress verliert sich diese Fähigkeit. Hinter dem Schirm vorspielen: Die Posaunistin Abbie Conant vor den Münchner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache, ihr wunderbares Probespiel eines „männlichen“ Instruments und die Schwierigkeit der Männerwelt, mit einer weiblichen ersten Posaunistin zu arbeiten.

Hier geht es zu einem anderen Buch von Malcolm Gladwell: „The Tipping Point“…

    „Letztlich sind die Tipping Points eine Bestätigung des Potenzials zur Veränderung und der Kraft intelligenten Handelns. Sehen Sie sich die Welt um sich herum an. Sie mag unbeweglich und unnachgiebig erscheinen. Sie ist es nicht. Mit dem kleinsten Anstoß kann man sie – wenn man den richtigen Punkt findet – kippen.“

Malcolm Gladwell: The Tipping Point

Malcolm Gladwell: Tipping Point

„Wie kleine Dinge Großes bewegen“ ist der Untertitel von Malcolm Gladwells „Tipping Point“. Die Originalausgabe ist im Jahr 2000 erschienen und war ein großer Erfolg. Gladwell entwickelt darin die Theorie des Tipping Points, jenes Umschlagspunkts, zu dem bestimmte, singuläre Verhaltensweisen sich zu einem Massenphänomen verwandeln. Diese Verwandlung kann man sich wie eine Epidemie vorstellen. Der Tipping Point folgt drei Regeln: Gesetz der Wenigen, Verankerungsfaktor, Macht der Umstände.

Das Gesetz der Wenigen: Nur wenige Personen verursachen eine mächtige Bewegung. Gladwell illustriert dies mit dem 80/20-Prinzip: 80 Prozent der Arbeit wird von 20 Prozent der Beteiligten verrichtet, 80 Prozent der Straftaten werden von 20 Prozent der Kriminellen begangen. Diese „Wenigen“ bestehen für Gladwell aus der Gruppe der Vermittler, also Menschen, die viele und die richtigen Leute kennen. Die zweite Gruppe der „Wenigen“ sind die Kenner, also Experten, die durch ihren Sachverstand andere Menschen überzeugen. Schließlich nennt Gladwell noch die Verkäufer und meint damit Menschen, die durch Einfühlung und Charisma andere Menschen in ihren Rhythmus ziehen.

Der Verankerungsfaktor: Botschaften müssen gelernt werden, sich verankern, um eine Wirkung entfalten zu können. Dieses Lernen findet wesentlich durch Wiederholung immer derselben Botschaften statt. Dabei spielt es nach Gladwell eine besondere Rolle, wie und in welcher Reihenfolge die Einzelbotschaften präsentiert werden.

Macht der Umstände: Für Gladwell ist die Umgebung für den Menschen verhaltensrelevant und prägend. Das veranschaulicht er durch mehrere Beispiele und entwickelt dabei auch die Theorie der magischen Zahl 150: Gruppen mit maximal 150 Mitgliedern sind für neue Ideen besonders empfänglich.

Diese drei Faktoren bestimmen den Tipping Point. Mit der Theorie des Tipping Points erschließt Gladwell die Bedingungen und Möglichkeiten zur Veränderung von Welt:

    „Aber wenn es in der Welt des Tipping Points Undurchsichtigkeit und Impulsivität gibt, so gibt es auch ein hohes Maß an Hoffnung für die Zukunft. Schon indem wir die Größe einer Gruppe manipulieren, können wir ihre Empfänglichkeit für neue Ideen dramatisch erhöhen. Indem wir Details an der Präsentation einer Botschaft ändern, können wir ihre Verankerung signifikant erhöhen. Einfach indem wir jene wenigen besonderen Menschen finden, die so viel gesellschaftliche Macht ausüben, können wir den Verlauf sozialer Epidemien bestimmen. Letztlich sind die Tipping Points eine Bestätigung des Potenzials zur Veränderung und der Kraft intelligenten Handelns.“

Malcolm Gladwell (Jahrgang 1963), „The Tipping Point“, Boston/New York/London, 2000. 297 Seiten in 7 Kapiteln.