Meret Becker, Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Ulrich Tukur und viele mehr: 53 Schauspieler haben sich mit der aktuellen Corona-Politik auseinandergesetzt, in einer künstlerischen Form.

Unterstellungen, Verunglimpfungen, Drohungen gegen die Künstler folgen. Die Kampagne #allesdichtmachen hat die Menschen mit ihrer Kunst tief bewegt.

Demokratie braucht Vielfalt. Vielfalt der Meinungen. Diskurs. Offenheit. Demokratie braucht mutige Menschen wie diese 53 Schauspieler. Die Kunst als vierte Gewalt im Staat. Ein trostvoller Gedanke. Hurra, wir leben noch!

Hoch lebe die Kunst!

https://allesdichtmachen.de

Die Weltgeschichte, wissen wir, ist also überhaupt die Auslegung des Geistes in der Zeit, wie die Idee als Natur sich im Raume auslegt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Philosoph (27.08.1770 – 14.11.1831)

Sondersendungen wurden zum Normalfall und gesellschaftlich relevante Themen jenseits von Covid-19 ausgeblendet: Es war eine Verengung der Welt.

Dennis Gräf | Medienforscher Universität Passau

Dennis Gräf und Martin Hennig untersuchten mehr als 90 Sendungen von „ARD Extra“ und „ZDF Spezial“ im Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai 2020.

Hier geht es zum Beitrag der Passauer Neuen Presse >>>

Ich werde derzeit oft gefragt, wann Corona denn „vorbei sein wird“, und alles wieder zur Normalität zurückkehrt. Meine Antwort: Niemals. Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Wir nennen sie Bifurkationen. Oder Tiefenkrisen. Diese Zeiten sind jetzt.
Die Welt as we know it löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen können.

Matthias Horx (Jahrgang 1955), Zukunftsforscher
Das Zitat stammt aus einem Beitrag im österreichischen Kurier >>>

Wenn ein Rabe unheilverkündend krächzt, lass dich nicht von deiner Vorstellung hinreißen, sondern kläre sogleich dein Denken und sage dir: Keines dieser Vorzeichen gilt mir, sondern nur meinem armseligen Körper, meinem dürftigen Besitz, meinem bisschen Ansehen, meinen Kindern oder meiner Frau. Für mich gibt es nur glücksverheißene Vorzeichen, wenn ich es will. Was auch immer davon eintreffen mag, von mir hängt es ab, ob ich Nutzen daraus ziehe.
Epiktet

Was ich last, but not least in meinem Plädoyer für die Werkstatt der Wörtlichkeit als gewichtiges Argument anführen möchte: Hier wird eine Sprache der Kritik vermittelt und eingeübt, die über das nuanciert angemessene Besprechen von Texten weit hinausgeht. Kritik ist Unterscheidungskunst und nicht, wie es zeitgenössischer Wortgebrauch oft nahelegt, Querulanz, Nicht-positiv-denken-wollen oder verkappter Neid. Stürmische Zeiten. Weltweite Latenz eines Populismus, der die Demokratien zu verfinstern beginnt. Schichtenunabhängige Asozialität. Authentizitätsfuror bei zunehmend totalitärer Konsenskonditionierung. Verschwörungstheorien, die sich aufklärerisch gerieren. Fake News und notorische Denunziation des Komplexen. Eine Künstliche Intelligenz auf der Schwelle zu Deep-Fake-Technologien, die bald in Videos mimisch vitale Gesichter anderen Körpern aufzupfropfen imstande sind. Eine bedrohliche epistemische Krise. Wie können wir etwas wissen?

Wolfgang Hegewald in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 31. März 2018

 

Im November 2017 trat der „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo als Festredner beim Dies academicus an der Uni Bayreuth auf, er warb bei den Studierenden um mehr Mut und die Bereitschaft, in stürmischen Zeiten Verantwortung zu übernehmen. Und dann entdeckte ich in der Rede den Satz: „Ich bin davon überzeugt, dass es während des Studiums auch um Herzensbildung gehen sollte.“ Herzensbildung halte ich nicht für eine Kompetenz, und ich rechne sie auch nicht den soft skills zu. Es handelt sich um ein hohes, womöglich das höchste Bildungsgut. Wer liest, ist unterwegs dorthin, vielleicht.

Wolfgang Hegewald in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 31. März 2018